HAMILTON ———— 43 Informatik der Universität Rostock tätig ist. „Margaret Hamilton hat unser Fachgebiet begründet, sie prägte den Begriff.“ Software Engineering ist einer der Kernbereiche der Informatik. „Wenn die Computerstruktur auf- gebaut ist, müssen darauf Software- Systeme geschrieben werden. Das macht man natürlich nicht allein, sondern mit 20, 300 oder über 1.000 anderen zusammen“, erklärt die Informatikerin. Die Grundlagen dafür gehen auf Hamilton zurück. „Man muss damit rechnen, dass Software sich verändert und kom- plexer wird, das ist wie ein Natur- gesetz. Dafür braucht man eine Architektur – wie bei einem Ge bäu- de.“ Denn die Systeme werden immer größer. „Zum Beispiel besteht das Programm für das Hubble Space Telescope aus zwei Millionen lines of code, also Zeilen. Bei Google Chrome sind es schon 6,7 Millionen Zeilen, Windows Vista liegt bei 50 Millionen, Facebook bei 62 Millionen. Daran kann man sehen, dass das niemand mehr allein schaffen kann.“ Das war schon bei Margaret Hamilton so: Auch sie arbeitete mit einem Team zusammen. „Aber sie war umgeben von Ingenieuren, die dachten, wenn Hardware, Elektro- nik und Mechanik eingerichtet sind, wird noch schnell eine Software geschrieben. Da musste zunächst Verständnis dafür geschaffen wer- den, dass diese Programmcodes auch ingenieursmäßig erarbeitet und designt werden müssen. Und es muss sichergestellt und getestet werden, dass sie zuverlässig funk- tionieren.“ —/— Ein großer Schritt auch für die Informatik Bei der Software für die Apollo- 11-Mission gab es keine Möglichkeit, vorab Tests durchzuführen, das Programm musste beim ersten Mal laufen. Trotz aller unbe kann ten „Natürlich kann man sagen, es war notwendig, so etwas zu entwickeln. Aber das ändert ja nichts an der Genialität, mit der Hamilton es geschafft hat.“ PROF. REGINA HEBIG Faktoren während des Fluges zum Mond war es erforderlich, vorher ein verlässliches System zu konstruie- ren. Margaret Hamilton hatte mög- liche Überlastungen oder Komplika- tionen vorhergesehen und Lösungen dafür entwickelt. Und sie lag richtig, wie der Verlauf zeigte: Während des Fluges priorisierte der Computer eine – in diesem Moment – eher unwichtige Berechnung und ver- brauchte damit Leistung, die für die Navigation bei der Landung benötigt wurde. Durch Hamiltons Programm konnte das Versagen des Systems verhindert werden. In 2016 verlieh Barack Obama der IT-Pionierin die Presidential Medal of Freedom 1 2025 „Natürlich kann man sagen, es war notwendig, so etwas zu ent- wickeln. Aber das ändert ja nichts an der Genialität, mit der Hamilton es geschafft hat.“ 2018 hatte Prof. Regina Hebig in Göteborg die Gelegenheit, eine beeindruckende Rede von Margaret Hamilton wäh- rend eines Fachkongresses live zu erleben. „Sie berichtete unter ande- rem davon, wie sie sich Kenntnisse selbst aneignen musste, die heute jeder Student lernt. Aber zu ihrer Zeit gab es für das Fachgebiet ja noch keine Grundlagen. Computer wurden gerade erst entwickelt.“ Hamilton blieb viele Jahre am MIT und leitete dort die Abteilung für Software-Entwicklung. Später gründete sie selbst ein IT-Unter- nehmen. Ihre Verdienste finden bis heute Beachtung und Anerken- nung. Für ihren Beitrag zur erfolg- reichen Landung von Apollo 11 verlieh Barack Obama der Software- Pionierin 2016 die Freiheitsmedaille des amerikanischen Präsidenten, eine der höchsten zivilen Aus- zeichnungen der USA. O T O F K C O T S Y M A L A / L R S O T O H P R U N : O T O F